2024

Wenn die Sirenen heulen (Symptome)

kuriert von Anne Mundo and Dirk Teschner, im Schau Fenster Berlin

Künstlerinnen: Talya Feldman, Stella Geppert, Anne MundoFinja Sander

Wenn die Sirenen heulen (Symptome) 

Auszug der Eröffnungsrede, 27.09.2024:

Dr. Niovi Zampouka (Slawistin)

(ENGLISH Version below)

Der Mythos ist uns allen bekannt: um dem bezaubernden Gesang der Sirenen nicht zu erliegen, verstopfte Odysseus seine Gefährten mit Wachs die Ohren und ließ sich an den Mast des Schiffes binden, bis alle unversehrt an der Insel der Sirenen vorbeigesegelt waren. Die modernen Sirenen singen nicht, sondern heulen (immer häufiger und immer lauter, auf die Gefahr hin, entweder mit unserer halb-verstimmten Welt allmählich zu harmonieren und ungehört zu verklingen oder uns völlig zu betäuben, so dass wir – angekettet am Maste unseres fordernden Alltags – vorbei steuern und auf sie gar nicht mehr reagieren. Wenn Sirenen heulen oder Symptome einsetzen, ist Gefahr in Verzug, und es ist diese warnende, hinweisende Funktion, was sie gemeinsam haben. Ein Symptom kann die Manifestation einer unwiderkehrbaren Krankhaftigkeit sein, die den fortschreitenden Anfang eines Endes signalisiert, aber auch das Indiz einer umweltbezogenen, sozialpolitischen oder psychosomatischen Pathologie noch im Anfangsstadium, und somit ein Aufruf zu einer Reaktion, einer Rettungsaktion, ein Appell zu Reflexion und Handlung. Den Symptomen ist die Möglichkeit eines wertvollen Wissens inhärent – sie sind Träger schlechter Nachrichten, dennoch bergen sie gleichzeitig die Chance zur aktiv zu suchenden Verbesserung. Und während der betörende Gesang der mythologischen Sirenen eine sichere Todesfalle darstellte, ist der penetrante Heulton der modernen Sirenen ein Anstoß zu Mobilisierung und Schutz. In einer parabelhaften Adaption der homerischen Sirenensage schrieb Franz Kafka 1917: „Nun haben aber die Sirenen eine noch schrecklichere Waffe als den Gesang, nämlich ihr Schweigen. Es ist zwar nicht geschehen, aber vielleicht denkbar, daß sich jemand vor ihrem Gesang gerettet hätte, vor ihrem Schweigen gewiß nicht.“

Wie die Ausstellungseinladung in Form einer medizinischen Heilmittelverordnung impliziert, wird Kunst – sowohl in ihrer Praxis als auch in ihrer Betrachtung – als therapeutisch angesehen. Dennoch ist Kunst an sich auch ein Symptom – in der gesamten Kunstgeschichte blüht sie sehr häufig in der unmittelbaren Nähe des individuellen und des kollektiven Traumas, entsteht gerade im Brennpunkt der unterschiedlichsten persönlichen und gesellschaftlichen Krisenzustände. Die ausgestellten Arbeiten erforschen und verhandeln in ihrer Gesamtheit diese Doppelnatur der Kunst – als Symptom und Heilmittel zugleich – und demonstrieren parallel die Verflochtenheit und Metaphorisierbarkeit dieser Begriffe. (…)

Eröffnungsrede (volle Länge) vom 27.09.2024 von: Dr. Niovi Zampouka (Slawistin)

https://annemundo.de/wp-content/uploads/2024/10/Zampouka_Ausstellung_Sirenen.pdf

EN

The myth is familiar to all of us: in order not to succumb to the enchanting song of the sirens, Odysseus plugged his companions' ears with wax and had himself tied to the mast of the ship until everyone had sailed past the island of the sirens unscathed. The modern sirens do not sing, but howl (more and more often and louder), at the risk of either gradually harmonizing with our half-out-of-tune world and fading away unheard, or completely deafening us so that we - chained to the mast of our demanding everyday life - steer past and no longer react to them at all. When sirens sound or symptoms begin, danger is imminent, and it is this warning, indicating function that they have in common. A symptom can be the manifestation of an irreversible pathology Signals the beginning of an end, but also the indication of an environmental, socio-political or psychosomatic pathology still in its early stages, and thus a call for a reaction, a rescue operation, an appeal for reflection and action. The possibility of valuable knowledge is inherent in the symptoms - they are They are bearers of bad news, but at the same time they hold the opportunity to actively seek improvement. And while the beguiling song of the mythological sirens represented a sure death trap, the piercing wail of modern sirens is an impetus for mobilization and protection. In a parable-like adaptation of the Homeric siren legend, Franz Kafka wrote in 1917: “But the sirens have an even more terrible weapon than song, namely their silence. It didn't happen, but perhaps it's conceivable that someone would have saved themselves from her singing, certainly not from her silence."

As the exhibition invitation in the form of a prescription for medical remedies implies, art - both in its practice and in its viewing - is viewed as therapeutic. Nevertheless, art itself is also a symptom - throughout art history, it often flourishes in the immediate vicinity of individual and collective trauma, and arises precisely at the focal point of a wide variety of personal and social crises. The works on display as a whole explore and negotiate this dual nature of art - as a symptom and a remedy at the same time - and at the same time demonstrate the interconnectedness and metaphorizability of these concepts. (...)

Wenn die Sirenen heulen (handle with care)

kuratierte Gruppenausstellung von Anne Mundo & Dirk Teschner, Projektraum Alte Feuerwache Friedrichshain, kommunale Bezirksgalerie

Rede zur Eröffnung der Ausstellung: Ludwig Seyfarth (Autor und Kurator)

WENN DIE SIRENEN HEULEN (HANDLE WITH CARE) 

in der Alten Feuerwache, Berlin, 17.05.2024

Sirenen heulen bei konkreten Gefahren, etwa bei Bombenalarm und signalisieren die Aufforderung, sich in Bunker und andere Schutzräume zu begeben. 

Aber heulen sie oder läuten die (äußeren oder inneren) Alarmglocken immer, wenn sie es müssten? Die wichtigsten Bedrohungen der Menschheit, die Umweltzerstörung und damit einhergehende Naturkatastrophen und sich möglicherweise global ausweitende kriegerische Auseinandersetzungen, sind alles andere als neue Probleme, mit denen sich auch Künstlerinnen und Künstler immer schon auseinandergesetzt haben. So hat mich das Motiv der Einladungskarte zu dieser Ausstellung mit der vorsichtig von Händen umfassten („handle with care“) Erdkugel an ein Motiv erinnert, das der Plakatkünstler Klaus Staeck 1983, also vor 41 Jahren, ins Bild gesetzt hat: Dort sehen wir die Erde im Weltraum und darunter steht: „Die Mietsache ist schonend zu behandeln und in gutem Zustand zurückzugeben.“ 

Wie die Mietsache aber vielerorts behandelt wird, dafür führt uns Raul Walch ein eindrückliches Beispiel vor. Von der Landschaft, durch die der Künstler selbst in seinem Video The Sceptical Chemist einsam seine Joggingrunde dreht, ist kaum etwas zu erkennen. Wo wir fast nur Plastikplanen sehen, befinden wir uns in der südspanischen Provinz Almeria, in riesige Mengen Gemüse für den europäischen Markt angebaut werden. Die weggeworfenen Planen, die überall herumliegen, und der Einsatz von Pestiziden haben eine enorme Umweltverschmutzung verursacht. Die Arbeitsbedingungen für die meist aus Afrika stammenden Wanderarbeiter sind sehr schlecht. Wenn das, was wir essen sollen, so produziert wird, dass man dort Schutzanzüge braucht, um nicht krank zu werden, sollten wir es vielleicht besser nicht essen? 

Prinzipiell essbar ist auch die große Skulptur von Richard Green, denn sie ist aus gekochtem Zucker gegossen. Ihre Form verweist jedoch auf festeres Material und Hinterlassenschaften des 2. Weltkrieges: auf während der Nazizeit errichtete Spitzbunker in Wünsdorf südlich von Berlin. Diese stehen in einem Areal, in dem zu DDR-Zeiten 9000 sowjetische Soldaten ihren Militärdienst verrichteten auch viele russische Zivilisten lebten, aber deutsche Zivilisten hatten noch bis 1994 keinen Zugang.

Die Spitzbunker basieren auf einer Idee des Konstrukteurs Leo Winkel. Es wurden in ganz Deutschland ungefähr 200 von ihnen errichtet, in denen bis zu 600 Menschen Platz fanden. Das spitze, steil abfallende Dach sollte eine geringe Angriffsfläche für Bomben bieten und sie bei einem Treffer möglichst ohne Explosion abgleiten lassen.  Im Volksmund wurden sie auch Betonzigarre oder Zuckerhut genannt, im Englischen ant hill bunker (Ameisenhügel-Bunker). 

Andere spitze Hügel stammen von einem Wal, der immer wieder durch die Wasseroberfläche durchstößt. Das Seascape polyptych, dessen Anordnung der Bildschirme einem Polyptychon, eine Altarretabel mit vielen Bildfeldern, nachempfunden ist, ist eine Gemeinschaftsarbeit. Die visuelle Konzeption stammt von dem kanadischen Künstler Clive Holden. Es handelt sich um Bildmaterial aus der klassischen Verfilmung von 1956 des Romans Moby Dick von Herman Melville, Regisseur war John Huston. Die Ausschnitte werden durch einen Algorithmus immer wieder zusammengesetzt. Wurde der Kampf gegen den riesigen Pottwal von den in Stuttgart-Stammheim inhaftierten RAF-Mitgliedern als der terroristische Kampf gegen den Moloch des Kapitalismus interpretiert, tendieren wir heute wohl eher dazu, auf Seiten des Wals im Sinne der bedrohten Natur zu stehen. Das Seascape polyptych enthält sich einer eindeutigen Parteinahme. Das gilt auch für den nicht synchron zu den Bildern ablaufenden Soundtrack von Jan Jelinek. Dieser beruht auf der Dynamik und dem Ton der Stimme des von Gregory Peck gespielten Kapitäns Ahab, die durch ein Synthesizer-System in abstrakte Klanglandschaften verwandelt ist. 

Von Klängen gehen auch die Zeichnungen der Serie Alarm! Signale – Warnungen und Tendenzen von Anne Mundo aus. Mit seinem Free-Jazz-Album Album „Machine Gun“ schlug das Peter Brötzmann-Octet 1968 Alarm, mit brutalen trommelfeuerartigen Sounds und Machinengewehrklängen nicht zuletzt als Reaktion auf den Vietnam-Krieg. Die Linien, die Anne Mundo über von Rote Beete-Saft getränktes Papier zieht, versuchen den Ausschlägen und Eruptionen dieser Musik zu folgen. Gleichzeitig folgt sie dem Ton eines ABC-Alarms, in welcher ein permanent auf- und abschwellender Heulton zweimal für je fünfzehn Sekunden unterbrochen wird. Auf Schlagzeilen mit alarmierenden Nachrichten beruhen Anne Mundos Gemälde aus der Serie THE WORLD NEWS – Aktuelles. Wetter im Ticker: Mehr als hundert Sturmeinsätze in Schleswig Holstein nimmt das Thema Naturkatastrophen auf.

Doch wie schützt man sich vor Katastrophen und in Kriegseinsätzen? Die lebensgroßen Skulpturen von Zuzanna Czebatul sind zusammengesetzt aus Schutzkleidungselementen für die Polizei oder fürs Motorradfahren oder Inline-Skaten. Sie erinnern dabei an Totempfähle oder Säulen, worauf auch der Titel Columns of Empire verweist, aber auch an vermummte Soldaten. Die Künstlerin spielt die Künstlerin mit dem Verhältnis von Figuration und Abstraktion in der modernen Skulptur. 

Die Animationen und Silikonplastiken von Ivonne Thein zeigen Körper, denen äußere Schützhülle verlorengegangen zu sein scheint beziehungsweise das, was die Körper in ihrer Form hält. Was an Kriegsverletzungen oder die verzerrten oder beschädigten Körper erinnert, die Francis Bacon malerisch ins Bild gesetzt hat, ist allerdings Resultat der „Bemühungen“ des Algorithmus einer von der Künstlerin programmierten KI, Körper richtig zu berechnen. Die Künstlerin setzte die KI auf Stockfotos von Personen an, liess sie ein  Anfangs- und Endbild festlegen und dazwischen entgleiste das Programm quasi völlig. 

Die Alarmglocken, die Ivonne Thein damit läuten lässt, betreffen auch die Frage, was wir mit unseren menschlichen Sinnen überhaupt (noch) wahrnehmen können und was geschieht, wenn wir unsere Wahrnehmung an technische Prozesse deligieren, die quasi „für uns“ die Welt wahrnehmen und interpretieren. 

Momentan wird intensiv darüber debattiert, wie wir vor Bildern und Animationen geschützt werden können, die so perfekt mit KI generiert werden, dass wir sie nicht von realen Situationen unterscheiden können. Vielleicht kann uns da nur noch die Kunst helfen, die das, was bei der Mehrheit der Menschen unter der Wahrnehmungsschwelle bleibt, kenntlich machen und ins Bewusstsein bringen kann. Der kanadische Medientheoretiker Marshall McLuhan, der in den 1960er Jahren das elektronische und digitale Zeitalter hellsichtig voraussah, formulierte es so: „Der ernsthafte Künstler ist der einzige Mensch, der der Technik unbestraft begegnen kann, und zwar nur deswegen, weil er als Fachmann die Veränderungen in der Sinneswahrnehmung erkennt.“ 

Ich denke, das beschreibt auch ganz gut, was die Künstlerinnen und Künstler dieser Ausstellung leisten, die uns fernab einsinniger Moralisierungen und ideologischer Botschaften Stoff zum anschaulichen Denken über die aktuellen Probleme der Welt liefern. 

(short ENGLISH Version)

Sirens wail in the event of specific dangers, such as a bomb alarm, and signal the request to go to bunkers and other shelters.
But do they cry or do the alarm bells (external or internal) always ring when they should? The most important threats to humanity, environmental destruction and the associated natural disasters and possibly global military conflicts, are anything but new problems that artists have always dealt with. The motif on the invitation card for this exhibition, with the globe carefully grasped by hands (“handle with care”), reminded me of a motif that the poster artist Klaus Staeck put into the picture in 1983, 41 years ago: There we see them Earth in space and below it says: “The rental property must be treated with care and returned in good condition.” (...)

Focus on Abstraction

Focus on Abstraction 2024, in der Stadtgalerie Raumimpuls, in Waidhofen/Ibbs, Österreich

mit: Ab van Hanegem, Yasmin Alt, George Barber, Matti Isan Blind, DAG, Berta Fischer, Thomas Grandi, Richard Green, Mani Hammer, Alexander Klenz, Zora Kreuzer, Anne Mundo, Lawrence Power, Andrea van Reimersdahl, Carlos Silva

Text: Ulrike Pennewitz (Kunsthistorikerin)

Die New Abstraction ist die vielleicht größte Innovation der Gegenwartskunst. Was die künstlerischen Pionier*innen der abstrakten Form- und Farbkompositionen um 1900 nicht zu hoffen wagten, zeigt sich heute so contemporary wie kaum etwas anderes. Hatte man in den 1970er Jahren in den USA und Europa die Abstraktion und ihre Verfeinerungen wie Hard Edge oder Minimal Art noch als akademisch, oberflächlich oder als überholt verunglimpft, so konfigurierte sich im wiedervereinigten Berlin, dem wiederauferstandenen London und aufstrebenden New York der 1990er Jahre rund um Clubs, Street Art und Art Galleries eine freie junge Künstler*innen-Szene, die spielerisch und spontan die Möglichkeiten der Abstraktion neu erfand. Spätestens seit den 2000er Jahren spricht man von einem Reset in der New

Abstraction, die nicht mehr zwischen Gegenständlichkeit und Ungegenständlichkeit unterscheidet und sich weder als Schule noch als Stil oder „-ismus“ versteht. Die Künstler*innen schöpfen aus allem, was die Gegenwartswahrnehmung im tatsächlichen wie im virtuellen Raum zu bieten hat. Sie verbinden Oberflächen mit Perspektiven, collagieren und kolorieren, inszenieren und dekonstruieren. Es geht ihnen nicht um Verfremdung, sondern um die Offenlegung von Wirklichkeit, indem sie Zusammenhänge aufdecken und künstlerisch produktiv machen.

Die Fragmentierung des Wahrnehmungsfeldes, die Globalisierung der Kommunikation durch Social Media, die Neuordnung der Moderne, die Dekonstruktion von Seh- und Denkstrukturen vollziehen sich gleichzeitig und in rasantem Tempo. Diesen Splittern und Fragmenten wird von den Künstler*innen direkt mit Material, Form und Farbe ein Ausdruck gegeben, der nicht den Umweg über das Symbolische geht. Die 15 Künstlerinnen und Künstler in der von Gabi Mitterer, Alexander Klenz und Carlos Silva kuratierten Ausstellung, die temporär oder permanent in Berlin arbeiten und leben, haben die Manifeste der Gründerväter der Avantgarde zerschnitten, neu zusammengesetzt und treten hier in einen Polylog, um die Grenzen der Abstraktion in Richtung Zukunft zu überschreiten.

SUBSTITUTE (Duo-Ausstellung)

Anne Mundo und Ralf Weber, Kulturfabrik Schopfheim

https://www.verlagshaus-jaumann.de/inhalt.kulturfabrik-austellung-von-spannung-und-harmonie.f66cfdf4-7ca8-4015-9ba3-30042635d6b2.html

(ENGLISH below)

Kulturfabrik-Ausstellung Von Spannung und Harmonie

(Ausschnitt Artikel+Foto) Jürgen Scharf 19.01.2024 – 16:54 Uhr, Die Oberbadische Zeitung

In der Ausstellung „substitute“ des Kunstvereins Schopfheim kommen Malerei und Grafik von Anne Mundo und Skulpturen von Ralf Weber zusammen.

„Machine Gun“ ist ein Free Jazz-Album von 1968 mit dem Peter Brötzmann Octet – Musik der rebellischen 68er-Bewegung. Brutale Musik, wenn man sie heute wieder hört, intensiv bis ins Geräuschhafte, knallige Repetitionen wie Trommelfeuer. Nach diesen erregten Klängen hat die in Berlin lebende Künstlerin Anne Mundo eine Edition mit zwölf Farbendrucken erstellt: „Machine Gun – automatic gun for fast, continuos firing“, ist eine künstlerische Interpretation dieses Anarcho-Stücks. Seismografisch zeichnet Mundo die Ausschläge und Eruptionen dieser Musik nach, deren Maschinengewehrtöne eine Reaktion auf die damalige Zeit des Vietnam-Kriegs sind.

Die Titel sind sperrig – die Bilder sind es nicht

Mit Linien, Farben und nervösen Formen arbeitet Mundo zeichnerisch auch zu Sirenentönen in der Serie „Alarm! Signale – Warnungen und Tendenzen“. Auch wenn die Titel etwas sperrig sind, die Bilder sind es nicht. Sie sind sehr grafisch gehaltene, von der Linie bestimmte Arbeiten, filigran mit japanischer Tusche auf Papier, Tinte und mit dem Saft von Roter Bete koloriert.

Wer durch die neue Schau des Kunstvereins Schopfheim in der Kulturfabrik geht, dem fällt überhaupt die Farbe Rot in vielen Nuancen auf: nicht nur die Rote Bete-Farbe (wie in „Casio Weckalarm“), sondern auch Flieder, Lila, Rosa und Mischfarben wie Türkis und Lilagrau. Zum Flieder gibt es eine ganze Reihe: „Der Flieder kommt wieder“; die Farbkombination „apricot-melon“ taucht in der Reihe „Mindful music“ auf.

Mundo, die bei Katharina Grosse, einer der bedeutendsten zeitgenössischen Künstlerinnen, studiert hat, arbeitet abstrakt in solchen Farbvariationen. Beeindruckend ist die Serie „Liniengebete“, die Kurator Gerit Koglin vom Kunstvereinsvorstand wirkungsvoll an der Stirnwand platziert hat.

Es sind Rhythmuslinien voller Schwingungen, die sich zu ganzen Linienteppichen verweben und verdichten. Mundos Linienbilder überraschen durch ungewöhnliche Materialität und Ausdrucksformen.

(…)

(ENGLISH)

Kulturfabrik- exhibition of tension and harmony

(excerpt article+photo) Jürgen Scharf 19.01.2024 – 16:54

The „substitute“ exhibition at the Kunstverein Schopfheim brings together paintings and graphics by Anne Mundo and sculptures by Ralf Weber.

„Machine Gun“ is a free jazz album from 1968 with the Peter Brötzmann Octet – music from the rebellious movement of 1968. Brutal music, if you listen to it again today, intense to the point of being noisy, blaring repetitions like drumfire. Berlin-based artist Anne Mundo has created an edition of twelve colour prints based on these agitated sounds: „Machine Gun – automatic gun for fast, continuos firing“ is an artistic interpretation of this anarchic piece. Mundo seismographically traces the swings and eruptions of this music, whose machine gun sounds are a reaction to the Vietnam War at the time.

The titles are unwieldy – the images are not

Mundo also works with lines, colours and nervous shapes in his drawings of siren sounds in the series „Alarm! Signals – Warnings and Tendencies“. Even if the titles are somewhat unwieldy, the pictures are not. They are very graphic, line-driven works, delicately coloured with Japanese ink on paper, ink and beetroot juice.

Anyone walking through the Kunstverein Schopfheim’s new show at the Kulturfabrik will notice the colour red in many shades: not just the beetroot colour (as in „Casio Weckalarm“), but also lilac, purple, pink and mixed colours such as turquoise and purple-grey. There is a whole series on lilac: „The lilac is coming back“; the colour combination „apricot-melon“ appears in the „Mindful music“ series.

Mundo, who studied under Katharina Grosse, one of the most important contemporary artists, works abstractly in such colour variations. The series „Line Prayers“, which curator Gerit Koglin from the Kunstverein board has effectively placed on the front wall, is impressive.

These are rhythmic lines full of vibrations that interweave and condense to form entire carpets of lines. Mundo’s line paintings surprise with their unusual materiality and forms of expression. (…)

2023

(ENGLISH below)

ARCA LINEA (Einzelausstellung)

Zeichnungen und eine Videoperformance, Galerie Güstrow

Rede vom 4.6.2023: Jan-Philipp Frühsorge (Kurator für Zeichnung)

Anne Mundo und ich haben uns 2019 in Marseille kennengelernt. Es war anlässlich eines Zeichnungs-Workshops den ich zusammen mit der Künstlerin Yfat Gat dort während eines glühend-heissen Südfranzösischen Sommer organisiert habe.

Am Ende der sehr intensiven Arbeitswoche mit allen Workshop-Teilnehmerinnen kam mir die Aufgabe zu gemeinsam mit ihnen eine kleine Ausstellung auf die Beine zu stellen, um die Früchte der künstlerischen Produktion zu präsentieren. Aufgrund der Kürze des Aufenthaltes, und der somit teilweise fragmentarisch gebliebenen Werke, kein ganz einfaches Unterfangen.

Anne – so erinnere ich mich gut – hatte eine der raumgreifendsten Arbeiten produziert und wir haben dafür einen geeigneten Platz gesucht. Am Ende erstreckte sich die mehrere Meter lange Tuschezeichnung auf einer Papierbahn von der Decke hängend paralell zur Längswand durch den ganzen Raum und gab ihm so eine sehr dezidierte Struktur, was wiederum den übrigen Arbeiten der anderen Künstlerinnen zugute kam.

Nicht, dass es Annes Intention gewesen wäre, den Raum mit dieser Zeichnung im Besitz zu nehmen, im Gegenteil, mir schien, dass ihr das Gleichgewicht die notwendige Balance zwischen eigenem Werk, Raum und den anderen Arbeiten extrem bedeutsam war. Diese Form der Achtsamkeit, eine besondere Sensibilität für Raumenergien und den Kontext, fand ich, bemerkenswert.

Erst später, als ich erfuhr, dass ihre beiden Lehrer an der Kunsthochschule in Berlin Weissensee, der Zeichner Hanns Schimansky und die Malerin Katharina Grosse waren, glaubte ich, zu verstehen, dass etwas von Schimansky feinziselierter Strichführung und Linienspannung in Annes Arbeiten genauso zu finden sei, wie die Selbstverständlichkeit eine zeichnerische Geste auch im großen Masstab zu realisieren, das Medium schlichtweg über den Rand des Papiers zu denken, wie Grosse es für die Malerei tut.

Als ich mit Anne vor einigen Wochen begann über diese Ausstellung zu sprechen und nach Dingen fragte, die sie in ihrer Arbeit beschäftigt haben, tauchten verschiedene Begriffe auf, Hinweise, Spuren, Worte, wie zum Beispiel Alarm, Ritual, Heilung oder Arca.

Arca Linea, ist der Titel dieser Ausstellung und die Vorstellung, dass die Linie eine Arche sei, oder dass man sich die Arche aus Linien vorstellen muss, gefiel mir. Bekanntermassen diente nach biblischer Vorstellung die Arche der nach der Sintflut verbliebenen Menschheit als Schutz und Überlebensraum. Es hat etwas tröstliches sich die Kunst als Arche zu imaginieren, als der Ort, der allen Widrigkeiten und Unwettern trotzt, der angesichts der Katastrophe die Menschen und die Tiere vereint und zu neuen Ufern führt. Das neue und unbekannte sind stets die treibenden Energien der Kunst gewesen, sich auf das einzulassen, was noch nicht absehbar ist, dem der Horizont noch keine Linie gegeben hat. Zu hoffen und zu glauben an das, was eben noch nicht von der Taube mit dem Ölzweig kündet.

Anne Mundos Zeichnungen sind Linienabenteuer und Tusche-Erkundungen. Es gehört zu den Beschreibungskonventionen der Kunstgeschichte, der Linie alles zuzumuten. Mit ihr beginnt es und man möchte fast glauben, mit ihr würde es auch irgendwann enden…Man spekuliert besser über sie als das man sie festzurren kann. Das unerschöpflichste, subtilste, das dauerhafteste und zugleich wandelbarste Instrument jenes ästhetischen Gebildes, das wir Zeichnung nennen.

Bis auf die wenigen Blätter, die hier zu sehen sind, auch meist ohne literarischen oder narrativ- figürlichen Gegenstand. Die Linie spricht in der Sprache der Linie. Sie hat Rhytmus, Energie, Wucht, Zartheit, Verlangen und Musikalität.

Im Gespräch fiel auch der Name des Jazz Saxofonisten Peter Brötzmann und sein Machine Gun Album von 1968. Man muss aber gar nicht so weit gehen und eine konkrete akustische Quelle ausmachen wollen, einen Klang, der möglicherweise die Pinselführung befördert oder behindert hat. Das Stakkato von Brötzmann hat seine eigenen Maßstab, so wie Annes Blätter etwas besitzen, das sich nicht im Vergleich zu den ausserbildlichen Wirklichkeiten auflösen lässt.

Der britische Künstler und Schriftsteller John Berger schreibt:

Zeichnen ist eine Art ausprobieren, der angeborene Impuls zu zeichnen entstand aus dem menschlichen Streben, etwas zu suchen, Punkte zu setzen, Dinge einen Platz zu geben, sich selbst einen Ort zu geben.

Als Brötzmann das Saxofon in Anschlag brachte marschierten die Studenten in Westberlin gegen das Establishment und die Russen in Prag ein. Ruhig waren die Zeiten sicher nicht. Die Menschen diesseits und jenseits des eisernen Vorhangs waren wohl in Alarmbereitschaft und sind es heute wieder. Die Gründe haben sich verschoben. die Geschichte wiederholt sich nicht und wir wissen oft nicht, ob wir nun gerade in der Tagödie oder in der Farce aufwachen. Corona-Jahre und Ukraine Krieg haben uns, haben Künstlerinnen wie Anne Mundo atemlos werden lassen, es verschlägt uns den Atem, wenn wenn wir uns vorstellen, dass die Sirenen uns möglicherweise in eine Arche schicken, ob aus Linien, Holz oder Beton.

Die schwarze Tusche, die Anne auf mit dem Saft roter Beete grundierte Flächen aufträgt, ist wie ein Bild unseres Atmens, eine Rückkehr des Atmens in den Körper, ein vitaler Gestus des Aufbegehrens oder schlichtweg der nackten Existenz.

Anne Mundos Zeichnungen sind wie Membranen, durchlässige Körper aus Papier, welche die Vorder- und die Rückseite verschmelzen lassen, die Zeichnung mit durchschlagendem Effekt, saugt die Tinte auf, trinkt sich satt an Farbspuren und Schattenflecken.

Der Körper der Zeichnerin in Aktion, im Minimalgestus, aus dem Handgelenk, mit präziser Setzung, dem Fluss der Tinte folgend, hinter der Wegbiegung ein Absatz ein Satz zum Innehalten. Ein Strich eine Linie.

Beim Atelierbesuch sehe ich die Zeitungsstapel, die sich türmenden Nachrichten von gestern und vorgestern. Anne entfaltet die Bögen und legt einen Bodenbelag aus, auf dem sie zeichnend schreitet. Die Tusche diesmal in großen Schwüngen verteilt.

Wahre Wiederholung ist Imagination“ sagt Gilles Deleuze und mit Blick auf die reduzierte Formensprache der stets gleich geführten Pinselschwünge möchte man glauben, dass die Wiederholung nicht sture Mechanik ist sondern Ausdruck von Kontemplation und Innenschau, die am Ende jede individuelle Spur auf dem Papier einzigartig erscheinen lässt. Und man denkt an Künstlerinnen, wie die Amerikanerin Agnes Martin, oder die Schweizerin Silvia Bächli, oder auch die Französin Pierette Bloch, allesamt hoch sensible Linienkünstlerinnen und dabei minimal Expressionistinnen. Denn auch hier – bei aller Simplizität der Geste- schwingt und vibriert es. Eine einfache, komplexe und nuancenbreite Ordnung ist hier am Werk. Zur Ruhe kommen. Auch das ist eine Funktion der Kunst. Zu sich Kommen, wie John Berger es nannte.

Oder um es mit den Worten zu sagen, die Roland Barthes über Cy Twombly geschrieben hat; Die Linie, sie illustriert nicht, sie ist die Empfindung ihrer eigenen Verwirklichung.

Wir könnten noch sehr viel mehr zu den Zeichnungen von Anne Mundo sagen, zu ihrer asiatischen Ästhetik, der Liebe zu bestimmten Materialien, einem sehr zarten Papier einer bestimmten Tusche. Doch ich denke, es ist Zeit, dass sie nun selbst die Arbeiten entdecken, wieder entdecken, neu sehen, kennen lernen, lieben lernen und sich in den Details verlieren, die gesehen werden wollen, wenn man die Augen nur weit genug öffnet.

(ENGLISH)

ANNE MUNDO „Arca Linea“

drawing SOLO SHOW

Speech by Jan-Philipp Frühsorge (drawing expert), june, 4th 2023

Anne Mundo and I met in Marseille in 2019. It was on the occasion of a drawing workshop I organized together with artist Yfat Gat there during a scorching hot Southern French summer. At the end of a very intensive week of work with all the workshop participants, I was given the task of putting together with them a small exhibition to present the fruits of artistic production. Due to the shortness of the stay, and thus the partly fragmentary works, not quite an easy undertaking.

Anne – I remember well – had produced one of the most expansive works and we looked for a suitable place for it. In the end, the several-meter-long ink drawing on a paper web hanging from the ceiling extended parallel to the long wall through the entire room, giving it a very decided structure, which in turn benefited the other works by the other artists. Not that it was Anne’s intention to take possession of the space with this drawing, on the contrary, it seemed to me that the balance the necessary balance between her own work, space and the other works was extremely significant to her. This form of attentiveness, a special sensitivity to spatial energies and context, I found, remarkable.

Only later, when I learned that her two teachers at the Kunsthochschule in Berlin Weissensee were the draftsman Hanns Schimansky and the painter Katharina Grosse, did I think I understood that something of Schimansky’s finely chiseled strokes and line tension could be found in Anne’s work, as well as the self-evidence of realizing a graphic gesture even on a large scale, of simply thinking the medium beyond the edge of the paper, as Grosse does for painting.

When I started talking to Anne a few weeks ago about this exhibition, asking about things that have preoccupied her in her work, various terms emerged, clues, traces, words, such as alarm, ritual, healing, or arca.

Arca Linea, is the title of this exhibition and I liked the idea that the line was an ark, or that the ark must be imagined as made of lines.As we know, according to the biblical concept, the ark served as a shelter and survival space for the humanity that remained after the Flood. There is something comforting about imagining art as an ark, as the place that defies all adversity and storms, that unites people and animals in the face of catastrophe and leads them to new shores.The new and the unknown have always been the driving energies of art, to engage with what is not yet foreseeable, to which the horizon has not yet given a line. To hope and believe in what just yet does not announce the dove with the olive branch.

Anne Mundo’s drawings are line adventures and ink explorations. It is one of the descriptive conventions of art history to expect everything from the line. With it it begins and one would almost like to believe, with it it would end also sometime… One speculates better about it than that one can tie it down.The most inexhaustible, most subtle, most durable and at the same time most changeable instrument of that aesthetic entity we call drawing.

Except for the few sheets that can be seen here, also mostly without literary or narrative-figurative object. The line speaks in the language of the line. It has rhythm, energy, force, tenderness, desire and musicality.

In the conversation, the name of jazz saxophonist Peter Brötzmann and his Machine Gun album from 1968 also came up, but one need not go so far as to want to identify a concrete acoustic source, a sound that may have promoted or hindered the brushwork. Brötzmann’s staccato has its own scale, just as Anne’s leaves possess something that cannot be resolved in comparison to extra-pictorial realities.

The British artist and writer John Berger writes: Drawing is a kind of trying out, the innate impulse to draw arose from the human quest to look for something, to put points, to give things a place, to give oneself a place.

When Brötzmann put the saxophone to work, the students in West Berlin were marching against the establishment and the Russians in Prague. Calm times were certainly not. People on both sides of the Iron Curtain were probably on the alert and are again today. The reasons have shifted. history does not repeat itself and we often do not know whether we are just waking up to day tragedy or farce. Corona years and Ukraine war have left us, have left artists like Anne Mundo breathless, it takes our breath away when we imagine that the sirens may send us to an ark, whether made of lines, wood or concrete.

The black ink Anne applies to surfaces primed with beet juice is like an image of our breathing, a return of breathing to the body, a vital gesture of rebellion or simply of naked existence.

Anne Mundo’s drawings are like membranes, permeable bodies of paper that fuse the front and the back, the drawing with a penetrating effect, soaking up the ink, drinking in traces of color and patches of shadow. The body of the draftswoman in action, in minimal gesture, from the wrist, with precise setting, following the flow of ink, behind the bend a paragraph a sentence to pause. A stroke a line.

Visiting the studio, I see the stacks of newspapers, the piling news from yesterday and the day before. Anne unfolds the sheets and lays out a floor covering on which she walks, drawing. The ink this time spread in great sweeps.

„True repetition is imagination,“ says Gilles Deleuze, and looking at the reduced formal language of the brushstrokes, which are always executed in the same way one would like to believe that the repetition is not stubborn mechanics but an expression of contemplation and introspection, which in the end makes each individual trace on the paper appear unique.

And one thinks of artists such as the American Agnes Martin, or the Swiss Silvia Bächli, or the French Pierette Bloch, all highly sensitive line artists and yet minimal expressionists.

For here, too – despite all the simplicity of the gesture – it vibrates and oscillates. A simple, complex and nuanced order is at work here. To come to rest. That, too, is a function of art. Coming to oneself, as John Berger called it.

Or to use the words Roland Barthes wrote about Cy Twombly, the line, it does not illustrate, it is the sensation of its own realization.

We could say a lot more about Anne Mundo’s drawings, her Asian aesthetic, love of certain materials, a very delicate paper of a certain ink. But I think it is time that they´ll be discovered now, rediscover, re-see, get to know, learn to love the works and lose themselves in the details that want to be seen, if only you open your eyes wide enough.

Collection

of Dr. Ruth Wiesenfeld „The fleeting Archive“

"Towards Sound" sieht sich als Netzwerk, Archiv und Veranstaltungsreihe. Im Fokus stehen visuelle Spuren klangbasierter Schaffensprozesse.
The Rampant Wall is a traveling, participatory exhibition format.
http://www.towardssound.or
Here are some pictures of "The fleeting Archive by Ruth Wiesenfeld / The Rampant Wall" at HilbertRaum during "The Towards Sound Festival" in march 2022.  And The fleeting Archive / The Rampant Wall as part of the drawing projects in Berlin in the exhibition "Beyond drawing" at ZAK (Zentrum für aktuelle Kunst, Zitadelle Spandau):

Text

Jan-Philipp Fruehsorge ( THE DRAWING HUB ), Nantes, 30.12.2021

Drawing in times of crisis

The state of emergency describes a moment in which the community is in acute danger from an external threat. A moment outside of those experiences that are considered the norm or rule. A moment that politically, socially, but also purely humanly describes a form of transgression, a crossing of boundaries.

The Italian philosopher Giorgio Agamben dedicated a book to this phenomenon years ago, describing the suspension of law in order to maintain order. The text has taken on a new relevance in times of Corona and its author has spoken out again, concretely and critically on the state of democracy in the pandemic. His analysis is harsh and along with the many losses of political rights that we willingly accept, we would also, according to Agamben, be deprived of sensual experience.

In this time of crisis, when the known system of rules is suspended and replaced by a new regime, we find ourselves thrown back on ourselves. And since even complicated concepts and elaborate constructions often no longer help us, it is rather the simple gestures that provide clarity about the world, as about ourselves.  (...)

The movement of progress changes, the fast pace of production slows down, time does not stand still, but it seems to stretch, limitation of the radius of movement, uneventfulness and repetition become the structural features of the present. The body becomes a mirror, a measure, a clockwork in whose breathing rhythm we are caught. (...)

The drawing of the pandemic, the drawing in times of a state of emergency, as we see here in this anthology, shows in its numerous gestures of rebellion, empathy and critical observation that it does not serve to maintain order, but to preserve human self-understanding.

Bookrelease and exhibition at Nadiff, Tokyo

In the spring of 2020, Drawing Tube launched “Signals” in collaboration with artists working in different environments all over the world. It was interested in exploring what artists were thinking during the pandemic. Artists were encouraged to contribute small visual and textual fragments from their daily life that materialized from hand and eye movements as well as spontaneous thoughts. Collectively, these become signals of this new era and a space to reconsider how drawing can work as a means to translate and perceive changing reality.

Artists: Kazuki Nakahara/ Dayana Lucas/ Tommaso Gorla/ Xu Jiong/ Takehito Koganezawa/ Ram Samocha/ Diana Sprenger and Euan Williams/ Dy Tagowska/ Nina Roussière/ Sixte Kakinda/ Yvonne Andreini/ Anne Mundo/ Simona Soare/ Sohei Nishino/ Sandro Crisafi/ Daniele Girardi/ Vanessa Enríquez/ Gary Warner/ Kayleigh Jayne Harris/ Marina Ferretti / Utako Shindo/ Akari Fujise/ Rodrigo Garcia Dutra/ Jana Cordenier/ Joey Chin/ Monika Grzymala/ Giulia Cacciuttolo/ Nicole Lenzi/ Noriko Ambe/ Hiraku Suzuki

Published by Drawing Tube (Hiraku Suzuki, Kazuki Nakahara, Tommaso Gorla, Nicole Lenzi) Text by Jan-Philipp Fruehsorge (Curator) Price: 15 Euros (2000 JPN) Size: 285x210mm (108 pages) Japanese/English Printed by KOPA (Lithuania) ISBN: 978-4-9909559-1-5 http://www.nadiff.com/?p=27750